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Goethe sagt: Weird. Und: Nicht einen Finger breit, Leute!

Moin und Merhaba.
„Hier bin ich Mensch, hier darf ichˋs sein.“
Das sagt Goethe. Genau der – Johann Wolfgang. Und zwar im Faust. Das Werk, dass wir alle im Deutschunterricht so geliebt haben. Der am meistzitierteste Satz aus einem der bedeutendsten Werke Deutschlands. Interpretierten wir das Zitat. Was sagt Johann uns?

Er zeigt uns eine ganz authentische Haltung: Mensch sein. Hier und heute. Goethe, einer der wie viele andere die deutsche Literatur besonders prägt. Ein Deutscher durch und durch. Seine Inhalte sind quasi Kulturgut, würden die Deutschlehrer*innen dieser Welt sagen.
Nehmen wir mal Johanns Blick ein und setzen ihn zu uns in die Gegenwart. Was würde er sehen? Er würde eine fortschrittliche Menschheit sehen, die selbstfahrende Autos entwickelt oder das Licht über Sprachbefehle ein- und ausschaltet. Er würde Freiheiten sehen, auch digitale, die in seiner Zeit undenkbar waren. Er würde Menschen sehen, die schwächeren Menschen helfen, obwohl sie selbst genug um die Ohren haben. Leute, die der Polarisierung entgegenwirken durch Ausgleich und Kompromiss. Er würde eine Vielzahl engagierter Demokraten treffen, die zugegebenermaßen in einer zu optimierenden Demokratie leben.

Er würde aber auch Schatten sehen. Einige die sich seit geraumer Zeit aufmachen und das menscheln verlernen. Die Hilfesuchende abweisen und Menschen mit anderer Hautfarbe, anderem Denken und anderer Sexualität vernichten wollen. Weil sie sich besser und wertvoller sehen. Die aber nicht immer so waren. Die so nicht so auf die Welt gekommen sind. Aber vielleicht vom Leben überfordert und alleingelassen in die Hände von Menschen und Gedanken geraten sind, die eine andere Welt wollen.
Was würde er machen? Was würde Goethe denken? Vielleicht würde er diese Gruppe von Menschen fragen, warum sie das tun. Warum sie wieder Grenzen in Europa und auf der Welt haben wollen? Warum sie Leute ausschließen, die anders sind als sie selbst. Und nehmen wir mal
an, sie würden antworten, weil die die Arbeitsplätze wegnehmen, Frauen vergewaltigen und unsere Kultur vernichten.
Auch Johann würde bemerken, dass ihnen doch die Arbeitskräfte fehlen. Er würde sie fragen, was für Quellen sie nutzen und wieviele Frauen denn ihrer Meinung nach vergewaltigt wurden? Ob sie Beweise dafür hätten? Und welche Kultur sie denn vernichten würden? Etwa die Deutsche? „Also, die des Mensch seins? Oder die des Mensch bleibens?“ Denn nichts anderes habe er ja als kultureller Vordenker gesagt. Als Deutscher. Als Mensch.

Wie sauer wäre wohl Johann Wolfgang von Goethe? Was würde er ihnen sagen? Vielleicht sagt er es so oder ähnlich: „Euer Hass bringt euch nichts. Ihr werdet nicht einen Cent reicher. Nicht ein bisschen zufriedener. Eure Rache stürzt euch ins Verderben. Ihr werdet niemals mehr in den Spiegel sehen können. Eure Kinder werden in Kriegen sterben. Hass erzeugt Gegenhass. Euer Leben wird angsterfüllt und arm sein: Arm an anderen Meinungen. Einfach in der Kultur, beim Essen, bei der Kleidung, an anderen Lebensweisen. Eure Freiheiten werden verschwinden. Alles das was ihr tut, wird von kurzer Dauer sein. Grenzen werden gewaltsam eingerissen. Durch Kriege.

Für eure Ängste und Sorgen wird es kein Patentrezept geben. Aber ihr solltet euch Fragen, ob eure Ängste berechtigt sind. Insbesondere wenn ihr euch mit anderen Ländern vergleicht.
Dennoch: Es wird für eure Sorgen Lösungen geben. Sie werden nicht einfacher, wie in meiner Zeit. Aber eines kann ich euch prophezeien: Wenn ihr nicht Mensch bleibt, werdet ihr eure Probleme nicht klären. Ihr habt es gesehen – die Weltkriege haben es euch gezeigt. Und die Kriege heute zeigen es euch auch! Kriege und Gewalt sind das letzte Kapitel eines Konflikts. Und das letzte Kapitel der Menschheit.“

Was antwortet die angezählte Gruppe? Wird sie darüber nachdenken? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Der Hass wird sie möglicherweise treiben. Aber wenn nur einer umkehrt und feststellt, dass da was dran ist – hatte Johann Erfolg. Wenn einer erkennt, dass ein Schlag ins Gesicht, einen anderen Schlag verursacht. Das ein abgeschobener Mensch, einen verzweifelten Menschen hinterlässt. Wenn nur einer erkennt, dass der Flüchtling einen Weg für seinen Zorn und seine Verzweiflung sucht, finden wird und dieser wieder vor seiner Tür steht und seine Verzweiflung rächt. Wenn einer aus der Gruppe einen positiven Blick entwickelt, hat er Erfolg. Dann war er ein guter Vordenker unseres Landes.


Und der anderen Gruppe? Was würde er der Mehrheit sagen? Vielleicht würde er sagen, habt keine Angst vor dieser Gruppe. Die Demokratie kann niemals perfekt sein. Die einfachen Lösungen wird es nicht geben. Erst recht nicht in eurer Zeit, in der alles miteinander kompliziert verbunden ist. Aber es wird sich lohnen pragmatisch und einfach zu denken. Prioritäten zu setzen und ein Thema nach dem anderen abzuräumen. Und ihr werdet alle erkennen, dass ihr davon profitiert. Gebt niemals das Mensch sein und eure Demokratie auf. Auch gebt diese kleine Gruppe nicht auf. Aber gebt euch ihr nicht hin. Wehrt euch! Verteidigt die Demokratie. Komme was wolle, lasst niemals wieder zu, dass wieder ein Solingen brennt, dass Menschen aus Hass anderen Leid zufügen. Das in Hanau Menschen wegen ihrer Hautfarbe sterben. Das Demokraten wie Walter Lübcke wegen ihrer Haltung sterben müssen. Zeigt denen die rote Karte, die die Demokratie kippen wollen!


Das war Goethes Perspektive im Jahr 2024! Und? Hat er recht? Ich würde sagen: Gude, Johann. Merci. Die Zeit ist echt weird. Aber Du hast recht. Es gibt keine Alternative zur friedlichen, solidarischen Demokratie. Wir Demokraten müssen die Würde des Menschen verteidigen. Und daher kann es nicht anders sein als: Nicht einen Finger breit. Nicht einen Finger breit dem Rechtsextremismus.

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